Am Anfang war das Licht – Die Magie der Schwarz-Weiß-Fotografie

Es ist unumstritten, dass die Schwarz-Weiß-Fotografie ihren ganz eigenen Charme besitzt. Wer anfängt, sich mit ihr zu beschäftigen, beschreitet eine völlig eigene Welt innerhalb der Fotografie. Ihr Charakter ist das Spiel von Licht, Dunkelheit, Kontrasten und Graustufen.

Jedoch sind solche Aufnahmen inzwischen ein selten gewordener Bildstil und in der Öffentlichkeit ein ungewohnter Anblick, da die Fotografie über Jahrzehnte eine völlig neue Selbstverständlichkeit erlangt hat. Heutzutage ist sie in nahezu jedem Bereich zu finden und Fotos werden über die Bildschirme dieser Welt Milliardenfach konsumiert. Dies hat natürlich dazu geführt, dass Farbfotografien über die Zeit unsere Sehgewohnheiten stark geprägt haben.

Monochrome, also einfarbige Aufnahmen tristen ihr Dasein wiederum vermehrt in Nischen wie der Reportage und Straßenfotografie oder im Bereich Architektur und Technik. Wenn wir beispielsweise an die Natur- & Landschaftsfotografie denken, dann haben wir vermutlich direkt dramatische bzw. paradiesische Farbaufnahmen vor unserem geistigen Auge, wie wir sie von Instagram und Co. gewohnt sind. Wer denkt schon an die zeitlosen Schwarz-Weiß-Fotografien von Ansal Adams?! So werden sie zu einem eigenständigen künstlerischen Stilmittel dabei sind historisch betrachtet, ein paar der eindrucksvollsten Aufnahmen in schwarz-weiß fotografiert.

Keine andere Wahl

Zu Beginn der Fotografie gab es aus technischer Sicht gar keine andere Option, als in Schwarz-Weiß zu fotografieren. Anfangs wurden die Bilder mit einer Lochkamera analog auf ein lichtempfindliches Medium bzw. einem Fotofilm projiziert und anschließend in der Dunkelkammer entwickelt. Die ersten analogen Kameras bzw. Sensoren konnten nur bloße Helligkeitsinformationen aufnehmen. Erst durch Farbfilter vor dem Sensor gelang es um 1930 herum, Farbfotografie auch für den kommerziellen Markt zugänglich zu machen. Es gab zwar bereits erste Farbaufnahmen, allerdings galten diese eher als experimentell.

Zur Kommerzialisierung und breiten Nutzung beigetragen haben verschiedene Firmen wie Kodak oder Agfa. Anklang fanden diese Fotografien wiederum in Mode und Werbeagenturen wie Magnum oder dem Life-Magazin. Farbige Bilder konnten sich allerdings erst in den 70er-Jahren so richtig durchsetzen. Dies lag unter anderem daran, dass man der Schwarz-Weiß-Fotografie schon immer ihre eigene Ästhetik und Authentizität zugesprochen hat.

Der Begriff Monochrom wird zwar generell mit der Schwarz-Weiß-Fotografie in Verbindung gebracht. Kameras bieten einen gleichnamigen Modus, um in Graustufen abzubilden, jedoch ist ein Foto, das beispielsweise nur blaue oder rote Farben enthält, ebenfalls ein monochromes Bild.

Flussbett im Karakorum Gebirge – anklicken für größere Ansicht

Zwischen Zeitlosigkeit & Nostalgie

Das faszinierende an der Schwarz-Weiß-Fotografie ist ihre drastische Reduzierung. Durch das Weglassen von Farbe nimmt man der Fotografie eine ganze Dimension und beschränkt sie auf ihren Ursprung – Licht und Schatten, Helligkeit und Kontrast. Der Fotograf wird zum Regisseur seines Werkes und muss sich vollkommen auf die Ausdruckskraft des Motivs fokussieren.

Der Betrachter wiederum wird durch das Motiv maßgeblich angesprochen. Darin liegt der eigentliche Kern der Schwarz-Weiß-Fotografie. Sie hat den Anspruch, sich auf das zu konzentrieren, was gerade wirklich passiert. Aus diesem Grund gilt sie als besonders ehrlich und authentisch. Du tauchst ein in eine mysteriöse Welt, die lauter Fragen aufwirft und dich so schnell nicht wieder gehen lässt.

An der Stelle ist es vielleicht sinnvoll, einmal zu schauen, woher das Wort Fotografie eigentlich stammt. Photós heißt auf Griechisch Licht und graphein schreiben bzw. Malen. Fotografie bedeutet also übersetzt, malen mit Licht. Der Fotograf ist daher jemand, der die Welt, die er sieht, mit Licht und Schatten immer wieder neu schreibt und somit anderen zugänglich macht. 

„Farbe ist beschreibend, Schwarz-Weiß ist interpretierend“ – Eliott Erwitt

Farbe im Bild kann ablenken oder wesentlicher Teil der Bildinformation sein. Hier beginnt bereits der erste Schritt des Abwägens. Der ästhetische Unterschied ist groß, daher sollte ein Foto, das in Farbe stärker wirkt, auch lieber farbig bleiben. Mehr denn je sind grundlegende Aspekte der Bildkomposition unerlässlich, um das Motiv bewusst in Szene zu setzen. Zudem verleiht eine gewisse Körnung dem Bild nicht nur Charme, sondern auch seinen gewohnten zeitlosen Charakter.

Letzten Endes brauchen Fotos in Schwarz-Weiß jedoch erst mal einen Grund, damit sie einen gewissen Anspruch überhaupt erfüllen. Es ist eine bewusste und nachdenkliche Form der Fotografie und eine liebevolle Art und Weise, Augenblicke festzuhalten. Der Fotograf muss seinen Blick wohlbedacht auf ein Geschehen richten und wieder loslösen können, um diesen Anspruch ebenfalls gerecht zu werden. Vor seinem geistigen Auge füllt er den Raum zwischen schwarz und weiß mit Grautönen, kleinen Nuancen und spannenden Strukturen bei idealem Licht. Stück für Stück zeichnet er die Realität vor sich ab und legt dabei all sein Herz in die Fotografie, damit andere es auch spüren können.

Momentaufnahme in der Wartehalle – Flughafen Istanbul – anklicken für größere Ansicht

 

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